Neues Klimaschutzgesetz wird seinem Auftrag nicht gerecht

Am Freitag hat nach dem Bundestag auch der Bundesrat dem neuen Klimaschutzgesetz der Großen Koalition zugestimmt. Die Regierung hat damit auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts reagiert, der das vorherige Klimaschutzgesetz als teilweise verfassungswidrig eingestuft hatte. Geklagt hatten Aktivist*innen aus der Fridays for Future Bewegung und anderen NGOs.

In einer Zeit, in der die Extremwetterereignisse auch hier in Deutschland immer häufiger werden und wir die Folgen der Klimakrise auch langsam zu spüren bekommen, begrüßen wir natürlich jede Verschärfung der Klimaziele. Das große Problem des Klimaschutzgesetzes ist allerdings, dass es den Verpflichtungen Deutschlands durch das Pariser Klimaabkommens nicht nachkommt und die beschlossenen Maßnahmen die Begrenzung der Klimaerwärmung auf 1,5°C weit verfehlen. Eine Erwärmung über 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter würde weite Teile der Erde unbewohnbar machen und hunderte Millionen Menschen die Lebensgrundlage kosten.

Ganz aktuell herrscht in Madagaskar eine katastrophale Dürre. Hilfsorganisationen warnen vor einem Massensterben und etwa 400.000 Menschen sind direkt von dem Hungertod bedroht. Diese Auswirkungen der Klimakatastrophe werden in den kommenden Jahren zunehmen, da sind sich Klimawissenschaftler*innen sicher.

Umso wichtiger wird der Blick darauf, was wir in Deutschland – einem der historisch und aktuell größten Treibhausgasemittenten – zur Reduktion der CO2-Emissionen beitragen. Denn mit nur 1,1% Bevölkerungsanteil an der Weltbevölkerung stoßen wir 2% der weltweiten CO2-Emissionen aus.

Leider kommt das neue Klimaschutzgesetz der Bundesregierung diesen Forderungen nicht nach. Statt dass Klimaneutralität erst 2050 erreicht werden soll plant das Gesetz, dass Deutschland bereits 2045 weniger Emissionen ausstößt als aufgenommen werden. Der vorgegebene Reduktionspfad ist allerdings immer noch nicht steil genug, wie auch Klimawissenschaftler*innen betonen. Um das verbleibende Restbudget an CO2-Emissionen, dass durch die Pariser Klimaziele festgelegt wurde nicht zu überschreiten, muss Deutschland spätestens 2035 Netto-Null erreichen. Mögliche Reduktionspfade hat Fridays for Future auch in einer Machbarkeitsstudie durch das „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie“ erarbeiten lassen. Klimaneutralität muss deutlich vor der Mitte des Jahrhunderts erreicht werden! (https://fridaysforfuture.de/studie/schluesselergebnisse/)

Weitere Beschlüsse der Bundesregierung wie die Stärkung natürlicher Senken (Wälder und Moore als CO2-Speicher) oder das 8 Mrd. Euro schwere Sofortmaßnahmenprogramm bis 2025 gehen zwar in die richtige Richtung, reichen aber bei Weitem nicht aus.

Darüber hinaus ist in weiten Teilen unklar, wie diese neuen deutschen Klimaziele erreicht werden sollen. Konkrete Maßnahmen – vor allem nach 2025 – fehlen weitgehend, die eine wichtige Vorgabe für die Klimapolitik der kommenden Jahre darstellen sollten. In diesen Punkten ist das neue Klimaschutzgesetz nichts als Symbolpolitik.

Hinzu kommt, dass das Gesetz keinen Ausgleich für sozial Benachteiligte und Einkommensschwache bietet, der sie im Prozess hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft unterstützen würde. Eine Attraktivität für den Klimaschutz in diesen Gesellschaftsschichten wird hierdurch nicht gesteigert, stattdessen wird die finanzielle Not ärmerer Menschen gegen Klimaschutzmaßnahmen ausgespielt.

In seiner aktuellen Form wir das neue Klimaschutzgesetz weder den Forderungen von über 17.000 Klimawissenschaftlerinnen noch dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerecht, denn es werden erneut konkrete CO2-Reduktionsmaßnahmen auf die lange Bank geschoben und vor allem die Interessen großer Industriezweige bedient. Die Bundesregierung macht damit Politik für Klimasünderinnen und gegen junge Generationen bzw. die Menschen in den Ländern, die die Folgen der Klimakrise jetzt schon hart treffen.

Für uns steht fest, dass wir dieses Klimaschutzgesetz nicht widerspruchslos hinnehmen und sowohl vor Gerichten als auch auf der Straße weiter Druck auf politische Entscheider*innen ausüben werden. Wir lassen uns nicht mit halbgaren Versprechungen abspeisen, erst recht nicht wenige Monate vor der Bundestagswahl.